Schon schwebet ihr
in ungemeßnen Fernen
den selgen Göttertraum
und leuchtet neu,
gesellig, unter Sternen
im lichtbesäten Raum..

Dann treibt ihr euch,
gewaltige Kometen
ins Weit'und Weitr'hinan. 
Das Labyrinth der Sonnen und Planeten
durchschneidet eure Bahn.

Ihr greifet rasch
nach umgeformten Erden
und wirket schöpfrisch jung,
daß sie belebt und stets belebter werden
im abgemessnen Schwung.

Und kreisend führt ihr
in bewegten Lüften
den wandelbaren Flor
und schreibt dem Stein in allen
seinen Grüften die festen Formen vor.

Nun alles sich mit göttlichem Erkühnen
zu übertreffen strebt;
das Wasser will, das unfruchtbare, grünen,
und jedes Stäubchen lebt.

Und so verdrängt
mit liebevollem Streiten
der feuchten Qualme Nacht;
nun glühen schon des Paradieses Weiten
in überbunter Pracht.

Wie regt sich bald,
ein holdes Licht zu schauen,
gestaltenreiche Schar,
und ihr erstaunt,
auf den beglückten Auen
nun als das erste Paar,

und bald verlischt
ein unbegrenztes Streben
im  selgen Wechselblick.
Und so empfangt mit Dank das schönste Leben
vom All ins All zurück.


Weimar 1797-1805

Die antike und mittelalterlich Ausrichtung des Dreiecks auf die Senkrechte, von unten nach oben ist gedacht als Läuterung im Ofen des Bewusstseinstoffwechsels - sozusagen Transzendenz, Reinigung, Klären von belastenden Mustern.
Die Senkrechte von oben nach unten das Ergießen, die Entfaltung (Emanation) wird gedacht als Immanenz.
Goethe hatte im Rot seines Fardreiecks die Steigerung von Gelb durch Blau, den Drang zum höheren Licht, gesehen, eben als gemeinsame Steigerung des Lichthaften mit dem Potential des tiefen Blau.
Raffael inszenierte den Seelenvogel, der nach vollbrachter Passion möglicherweise seine Schwingen entfaltet.    

In Goethes Gedicht WELTSEELE sind beide Bewegungen nicht mehr von der Schwerkraft abhängig, sondern werden  -  in jegliche Richtung schwebend - entlassen.

Von der Zeit der Klassik nun ein Sprung in die Zeit der Industrialisierung.

Sie sehen hier ein moderne Madonnenbild12, ein Bild von Bertha Benz mit ihren Söhnen Richard und Eugen, nachgestellt nach einem Original von 1888, anlässlich der Ausfahrt zur ersten Überlandfahrt (eines Automobils überhaupt).
Foto
                      AutoBild
Der Grafiker, der diese Zeitungsseite aus AutoBild, aus der diese Abbildung stammt, in Grautönen gestaltete, hat den Kopf von Frau Benz den horizontalen Bildrahmen überschneiden lassen. Der Kopf der Frau ragt, so wie bei Raffaels Madonna, über den Horizont, über den materiellen Bereich des aktuellen "Ereignisses" hinaus. Der Grafiker hat anscheinend ein mehr oder weniger erhärtetes Bedeutungsmuster verinnerlicht, mit dem er die historische Bedeutsamkeit der Situation hervorhebt, ohne jene Vorbilder zu kennen. Der Blick von Frau Benz repräsentiert hier keinerlei metaphysische Symbolik, entfernt sich jedoch von der senkrechten  'Erkenntnisachse' in die Ferne des endlichen dreidimensionalen Raumes, des

12 AUTOBILD, Spezial, 1999, Berta Benz und ihre Söhne
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